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       Stammtisch 
        von 
        Martin Ripp  
        Juni 2003 
      6. Generationskonflikt 
         
      Kuddel 
        saß bereits an seinem Platz und gab dem Wirt ein Handzeichen, als 
        Ralf und Walter, die sich vor dem Lokal getroffen hatten, hereinkamen 
        und sich zu ihm an den Stammtisch setzten. Fast zeitgleich stellte der 
        Wirt drei Gläser Sekt vor 
        ihnen ab. 
        Proost! 
        wünschte Kuddel lachend.  
        Herzlichen 
        Glückwunsch noch mal persönlich! gratulierte Walter. 
        Ja, 
        alles Gute für dein erstes Enkelkind! ergänzte Ralf. 
        Sie 
        prosteten ihm zu. Hebbt 
        ji dat mitkreegen? Finanzminister Eichel fordert Beitrag der Rentner zur 
        Haushaltssanierung. Ik bin överrascht, wat gau he reagiert hett! 
        Ik heff em vörgüstern schreven.  
        Du 
        hast an Hans Eichel geschrieben? fragten sie wie aus einem Munde. 
        Jo, aver in Hochdüütsch, weil he villicht keen Platt kann. 
        Kuddel holte ein Blatt Papier aus der Hosentasche. 
        Dat is de Computer-Utdruck vun de E-Mail. Ik lees dat mol vör. 
        Er nahm einen Schluck Sekt und holte tief Luft. 
       « 
        Sehr geehrter Herr Finanzminister Eichel, ich möchte an 
        Sie appellieren, hart zu bleiben und keine Neuverschuldung zuzulassen. 
         
        Ich bin glücklicher Großvater eines strammen Jungen geworden 
        und möchte nicht, dass er später für meine 
        Schulden aufkommen muß.  
        Bitte, setzen Sie den Rotstift an!  
        Ich bin durchaus bereit, eine Rentenkürzung hinzunehmen oder auf 
        die im Juli vorgesehene Erhöhung zu verzichten. Ich spreche sicherlich 
        auch im Namen Tausender von Großeltern, die um das Wohl ihrer Enkelkinder 
        besorgt sind!  
        Mit freundlichen Grüßen. . .  
      Für 
        mich hast du nicht gesprochen! reagierte Walter sofort empört. 
        Von meiner kleinen Rente kann man gar nichts mehr abziehen! Und 
        die Erhöhung im Juli muß mindestens die Inflationsrate ausgleichen! 
        Für 
        mich hast du auch nicht gesprochen! entgegnete Ralf. Im Gegensatz 
        zu Walter lachte er schelmisch. Trotzdem finde ich deinen Vorschlag hervorragend, 
        weil er mich nicht betrifft. 
         Ich beziehe nämlich Pension!  
        Kuddel 
        nickte betrübt. Jo, de Pensionäre heff ik vergeten! Aver 
        ik haap ook so, dat uns Enkelkinner 'ne goode Schoolbildung kriegen un 
        noog Utbillungsplätze dor sünd!  
        Schade, 
        dass deine Kinder in Mannheim leben, sagte Ralf. Dein Enkelkind 
        kannst du nicht so oft sehen. 
      Dat 
        is nich so slimm. Wenn he mi besöken kummt, warr ik mi al afmarachen, 
        dat he Platt lehrt! Ralf 
        lachte. Das muß ja komisch klingen, wenn ein Schwabe Hamburger 
        Platt spricht. Oder gehört das noch zu Hessen?   
        Nee, 
        dat is al Baden-Württemberg. Aver an disse Spraak mutt ik mi ook 
        wennen. Miene Kinner hebbt froogt, wo he de beid Olen mit Naam ut'nanner 
        hollen schall. Opa Karl und Opa Wolfgang, Opa Bramfeld und Opa Harburg. 
        Oder to`n eenen "Opa" un to`n annern "Großvater". 
        Ik heff noch keen Woort dorto seggt. De weten jo nix vun miene Idee mit 
        Platt. Ik stell mi dat schöön vör: Eenes 
        Dags stah ik unverwohrens vör siene School. He kummt ruut inmitten 
        siene Kameraden mit ehrn Badensischen Dialekt un röppt: Dat 
        is mien neemoodscher Grootvadder! De geiht "Online" un hett 
        sogaar een hitten Draht to`n Finanzminister! 
         
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