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             Eichhörnchens 
              Leid 
            von 
              Adelheid Dohse 
            Den 
              ganzen Winter über, der ja diesmal recht milde war, ging es 
              mir richtig gut. Ich schlief viel, aber wenn ich aufwachte, fand 
              ich in den Kästen, die die Menschen auf den Balkonen haben, 
              meine dort versteckten Nüsse leicht wieder. Auch war an dem 
              Geländer eines Balkons ein kleines Vogelhaus angebracht, in 
              dem jeden Morgen Körner ausgestreut waren. Geschickt, wie ich 
              bin, konnte ich mich in das Vogelhaus quetschen und ganz genüsslich 
              etliche Erdnüsse knacken. Fast nie wurde ich verscheucht, ja, 
              ich hatte das Gefühl, die Menschen, besonders die Kinder , 
              liebten mich.  
            Heute 
              war aber alles anders. Ich bin ganz verwirrt. In den Balkonkästen 
              waren Stiefmütterchen und andere Blumen gepflanzt. Wo waren 
              meine Nüsse? Wütend zerfetzte ich die Blumen und warf 
              sie aus den Kästen, fand aber keine einzige Nuss mehr. Und 
              nicht nur auf einem Balkon, nein, auf allen Balkonen waren die verflixten 
              Stiefmütterchen. Auch das kleine Vogelhaus war verschwunden. 
               
              Ich kann das nicht begreifen. 
            Das 
              war aber noch nicht alles. Unter dem Dachüberstand, wo ich 
              sonst in jedem Jahr meinen Kobel baute, war alles mit Brettern vernagelt. 
              Wo soll ich jetzt meine Jungen zur Welt bringen? Ich bin verzweifelt. 
              Was soll ich nur tun? 
            Zu 
              allem Überfluss bauen Elstern auf dem Ahorn vorm Balkon an 
              einem Nest und jagten mich den Baum rauf und runter, als ich auch 
              nur in die Nähe des Nestes kam. Mir ist ganz elend zumute. 
            Ich 
              glaube, ich muss hier wegziehen. Hier wird mir das Leben zu schwer 
              und zu gefährlich. 
            Adelheid 
              Dohse 
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